If you can dream it, you can do it – ein Zitat von Walt Disney?

Im Disney-Universum gibt es viele Mythen, Mysterien, Gerüchte und Halbwissen, die in Fankreisen kursieren – egal ob in den Disneylands dieser Welt, Animationsfilmen oder der Historie der Marke Disney. Und das ist schon fast gefährlich, weil all diese Details fehlerhaft im Zeitalter des Internets weitergetragen werden und sich immer mehr verbreiten. Vielen Dingen möchte ich in meinem Disney Blog genauer auf den Grund gehen, aufklären und zu eurem persönlichen Disney-Wissen beitragen. Und starten möchte ich einem berühmten Zitat von Walt Disney:

„If you can dream it, you can do it.“

Jeder Disney-Fan kennt diesen Spruch – und er springt einem regelmäßig entgegen, egal ob als Wandtattoo, Poster, Postkarten- und T-Shirt-Motiv, Zitate-Posts auf Facebook, Twitter & Co. und und und. Darunter steht immer der Zitatgeber: Walt Disney. Ein Zitat, das anregen soll, seine Träume zu verfolgen und zu verwirklichen. Ein Spruch, der perfekt zu dem visionären Schaffen des Mannes passt, der unsere Fantasie und Träume angeregt hat, wie kaum ein anderer. Was aber, wenn dieses Zitat gar nicht von Walt Disney stammt und es sich um einen der größten Irrtümer im Bereich Disney handelt?

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Habt ihr bislang auch angenommen, dass dieses Zitat von Walt Disney höchstpersönlich ausgesprochen wurde? Dann müsst ihr jetzt ganz stark sein. Denn Fakt ist: „If you can dream it, you can do it“ ist kein Zitat von Walt Disney. Richtig gelesen: All die wunderschön designten Spruchkarten, stylischen Hoodies von eBay und Motivationssprüche mit dem Verweis auf Walt Disney sind schlichtweg falsch. Und das Schlimme: Der Fehler verbreitet sich mit jedem neuen Produkt, mit jedem neuen Share weiter und weiter.

Wie kam es also dazu, dass ein solcher Irrtum so große Kreise gezogen hat? Erst einmal kann ich euch beruhigen: Das Zitat kommt zwar nicht von Walt Disney, ist aber dennoch ein Ausspruch aus dem Hause Disney. Denn statt Walt Disney sollte unter dem Zitat eigentlich folgende Person als Zitatgeber stehen: Tom Fitzgerald. Fitzgerald ist Creative Executive bei Walt Disney Imagineering – die Sparte von Disney, die für all die unglaublichen Erlebnisse und Innovationen in den Disney Parks weltweit zuständig ist. Und Fitzgerald hat an einer Reihe von Disney-Attraktionen gearbeitet, die wir alle kennen und lieben: „Star Tours“, „Tower of Terror“, „Soarin'“, „Ratatouille – The Adventure“ im Disneyland Paris. Sein aktuelles Projekt: Die große Überarbeitung des Disney-Themenparks Epcot in Walt Disney World in Florida, an dem er bereits in den 1980ern gearbeitet hat.

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Alles begann damals im Oktober 1983: In Epcot eröffnete die Attraktion „Horizons“, gesponsert vom amerikanischen Stromkonzern General Electric. In dieser Attraktion konnten die Besucher durch die Zukunftsvisionen von Jules Vernes, Ideen einer kommenden Zukunft aus Comicbüchern von 1930, die Zukunftsideen aus den 50ern bis hin zu denen des 21. Jahrhunderts fahren. Unterstützt wurde diese Reise mit vielen Szenen voller Audio-Animatronics, Düften und großen Leinwänden, die als Vorläufer der beliebten Disney-Attraktion „Soarin'“ gelten, in der die Besucher in einem großen Flugsimulator, einer IMAX-Leinwand und zahlreichen Wind- und Dufteffekten über unterschiedliche Landschaften dieser Welt fliegen können. „Horizons“ mag aus heutiger Sicht zwar einen hohen Retrocharme besitzen, war aber zur Eröffnung eine absolute Innovation in puncto Technik.

Was hat „Horizons“ mit dem berühmten Disney-Zitat zu tun? Tom Fitzgerald war damals an der Kreation des Storydesigns von „Horizons“ beteiligt. Das Motto der Attraktion, das er kreierte: „If you can dream it, then you can do it“. Und dieses Motto wurde thematisch direkt in das Storytelling verwoben. So kann man eine Variation dieser berühmten Worte im Themensong der Attraktion hören, die Worte waren auch Teil der Dialoge innerhalb der Themenfahrt. Und am Ausgang von „Horizons“ wurden die Besucher an einer langen Wand entlang geführt, auf der in schwarzen großen Lettern auf einem orangefarbenen Hintergrund folgende Worte standen „If you can dream it, you can do it“.

Die Bestätigung des Fakts, dass das Zitat „If you can dream it, you can do it“ nicht von Walt Disney gesagt wurde, kommt ebenfalls von Dave Smith. Und wenn jemand es wissen muss, dann er: Smith ist Chefarchivist der Walt Disney Archives in Burbank, Kalifornien und kennt sich mit der Historie der Walt Disney Company aus wie kein anderer. Er hat bereits mehrfach bestätigt, dass das berühmte Zitat von Imagineer Tom Fitzgerald stammt.

Tom Fitzgerald hat sich natürlich auch zum Thema geäußert und fühlt sich durchaus geschmeichelt, dass sein eigenes Zitat regelmäßig mit dem großen Walt Disney assoziiert wird:

„I am very familiar with that line because I wrote it! It was written specifically for the Horizons attraction at Epcot and used in numerous ways, from dialogue in the ride to graphics. I find it amusing that the Science of Imagineering DVD series attributes it to Walt Disney, but I guess I should be flattered.“

„Horizons“ wurde im Januar 1999 entgültig geschlossen, nachdem General Electric als Hauptsponsor bereits 1993 ausgestiegen war und die Attraktion 1995 wegen Attraktionsengpässen aufgrund von Umbaumaßnahmen in Epcot nochmals wiedereröffnet wurde. Bis heute gilt sie unter Kennern als beste Attraktion, die es bislang im Themenpark Epcot gegeben hat. Und die Dynamik, mit der sich das Zitat „If you can dream it, you can do it“ verbreitet, zeigt, wie relevant die Botschaft dieser futuristischen Disney-Attraktion bis zum heutigen Tag ist. „If you can dream it, you can do it“ – ein wahres Epcot-Zitat, jedoch keines von Walt Disney. Fall gelöst, Akte geschlossen.

Eure Meinung ist gefragt: Habt ihr es gewusst? Oder wollt ihr, dass ich weiteren Themen und Mythen aus dem Disney-Universum auf den Grund gehe? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!

Bilder: Disney | Video: Carol Kim Pedersen | Song: Tom Fitzgerald / Disney

5 Gedanken zu „If you can dream it, you can do it – ein Zitat von Walt Disney?

  1. Ich kannte das Zitat zwar gar nicht, glaube ich, aber ich bin ja auch nicht so stark mit Disney verwurzelt wie du. Ich mag aber solche Hintergründe immer ganz gerne, also mach gerne weiter damit. Solange es nicht die schon tausendmal durchgekauten Themen sind, wie „Ey, steht da etwa das Wort ‚SEX‘ im Himmel? Boah!“ ist sowas eigentlich immer interessant.

  2. Ja, endlich mal ein mal ein Artikel, der auch den Hintergrund des Spruchs und somit den Irrtum gut erklärt!
    Hast du die Möglichkeit, sollche Irrtümer auch mal bei Disney Magic Moments zu platzieren?

  3. […] Inhaltlich orientieren sich die Storyentwickler George McGinnis und Collin Campbell in der frühen Konzept-Phase (1979) an den Steckenpferden von General Electric und setzen die Erfindungen von Thomas Edison in Szene mit einem Design, das sie „Edison Lab Concept“ nannten. Bei einer Präsentation bei Reginald Johnson, seinerzeit Vorstandsvorsitzender bei GE, holten sie sich damit jedoch – salopp gesprochen – eine Watsche ab, denn Johnson wollte keine geschichtliche Lehrstunde, sondern einen Ausblick in die Zukunft. So setzten sie sich wieder an das Zeichenbrett und entwickelten zusammen mit einem Repräsentanten von der Sponsoren-Firma, Ned Landon, das Narrativ, welches von der Vergangenheit über die Gegenwart in die prognostizierte Zukunft führt. Leitmotiv für dieses Unterfangen war der Satz „If we can dream, we can do it„, der oft fälschlicherweise als Walt-Disney-Zitat kursiert, jedoch Tom Fitzgerald zugeschrieben wurde, der wie oben bereits erwähnt, an Horizons mitarbeitete und es angeblich kreierte (Spinatmädchen hatte über den Satz schon einmal wunderbar geschrieben – schaut mal rein!). […]

  4. Ein schöner Artikel. Ohne jetzt zu spitzfindig sein zu wollen, ich habe den Eindruck dass das Zitat im Original lautet:

    If we can dream it, we can do it.

    Ein kleiner, aber feiner Unterschied :)

    1. Hi Mickey, lieben Dank für dein Lob :) Du hast recht: Die Worte auf dem orangefarbenen Banner sind genau deine Worte – ich hatte mich im Artikel vor allem auf den Text im Titelsong bezogen, und da ist tatsächlich zusätzlich auch noch – womöglich aufgrund des Taktes – ein liebevolles „then“ integriert :)
      Liebe Grüße

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