Kritik: Disneys ALADDIN – Eine zauberhafte Realverfilmung

Bahn frei für Prinz Ali! Disney marschiert mit seiner Realverfilmung von ALADDIN mit großem Bombast und lauten Trompeten in die deutschen Kinos. Im großen Trend der Verfilmungen von Disney Klassikern ist dieses Mal die Geschichte rund um Aladdin und seine Wunderlampe an der Reihe. Doch kann die Neuverfilmung mit dem beliebten Disney Animationsfilm von 1992 mithalten?

Kaum eine Disney Realverfilmung wurde im Vorfeld so stark diskutiert wie ALADDIN. Disney Fans weltweit gerieten beim ersten Teaser Trailer in einen großen Aufruhr, da sich äußerst schnell Skepsis breit machte: Passt der Look des Films wirklich zu Disneys ALADDIN? Ist Agrabah mit all dem CGI doch vielleicht zu künstlich umgesetzt? Und ist Will Smith wirklich eine gute Besetzung als Flaschengeist Dschinni?

Hinter all der Kritik und Skepsis stecken natürlich viele Ängste um den Disney Film, mit dem man aufgewachsen ist. Aber wie bei jeder Realverfilmung Disneys bekommt man in der neuen Version zahlreiche Neuerungen, auf die man sich erst einmal einlassen muss. Ich vergleiche das mit Aladdin: Er streckt seine Hand aus und fragt Jasmin auf seinem fliegenden Teppich: „Vertraust du mir?“.

Disneys Realverfilmung: Ein ungeschliffener Diamant?

Bei der Deutschlandpremiere habe ich vertraut und mich voll und ganz auf ALADDIN eingelassen – und dafür eine wahrlich positiv überraschende Reise durch 1001 Nacht bekommen. Disneys Realverfilmung ALADDIN ist voller Farben und Energie, die einen von Anfang an mitreißen. Dabei bleibt der Film nahe am Original, erfindet sich aber dennoch komplett neu. Hier trifft arabischer Orient auf bunten High-Class-Bollywood-Stil. Die unterschiedlichen Stile kreieren eine große, farbenfrohe orientalische Welt, in die man bereits in den ersten Minuten sofort eintauchen möchte.

Der Schauplatz rund um die sagenumwobene Stadt Agrabah wirkt echter als zuvor – trotz zahlreicher computergenerierter Szenerien, von denen man sich hier und da etwas weniger gewünscht hätte. Das Setdesign durchaus ist sehr authentisch, schließlich wurde nicht nur in den berühmten Pinewood Studios in London, sondern auch direkt in der Wüste Jordaniens gedreht. Und wenn die wundervollen und schillernden Eye-Candy-Kostüme von Designer Michael Wilkinson keinen Oscar gewinnen, dann weiß ich auch nicht. Für die Kirsche auf dem Dessert sorgen die energetischen und fantastischen neuen Choreografien der Tanz- und Musicalszenen, die richtig mitreißen und der Realverfilmung den nötigen Drive verpassen.

Willkommen in Guy Ritchies Agrabah

Manch einen Filmkenner verwunderte die Regiebesetzung des englischen Regisseurs Guy Ritchie, der eher durch kantige englische Kultfilme wie „Bube, Dame, König, grAS“ oder „Snatch – Schweine und Diamanten“ bekannt geworden ist. Zugegeben: Ritchies Handschrift bemerkt man in ALADDIN durchaus selten. Es wirkt für seine Verhältnisse sogar äußerst zahm. Seine Regie ist es aber, die der Verfilmung eine Extraportion Abenteuer durch wilde Verfolgungsjagden und schön gemachten Slow-Motion-Momenten verleiht. Genau in diesen Szenen bekommt man auch ein wenig das ikonische Ritchie-Feeling.

Ein wenig holprig ist ALADDIN jedoch schon von Zeit zu Zeit. Ritchie hetzt durch einige bekannte Szenen durch, nimmt sich für andere Momente wiederum ein wenig zu viel Zeit. Und auch wenn das große Finale dramaturgisch sehr intensiv umgesetzt wurde, fehlt ausgerechnet hier der Ideenreichtum des Animationsoriginals dann doch ein wenig.

Die größte Stärke von ALADDIN ist seine absolut gelungene Besetzung, die den altbekannten Disney Charakteren wahrlich neues Leben einhauchen. Am Herausragendsten ist hier Naomi Scott („Lemonade Mouth“, „Power Rangers“) als Prinzessin Jasmin, für die es womöglich keine bessere Besetzung hätte geben können. Prinzessin Jasmin hat schon immer zu den Disney Prinzessinnen gehört, die selbstbewusst nach Unabhängigkeit strebten. Scott bringt das aufs nächste Level und verkörpert Jasmin als junge Frau auf der Suche nach Selbstbestimmung mit unfassbar viel Elan, Anmut und Authentizität. Beim Abspann bleibt kein Zweifel: Sie ist Prinzessin Jasmin durch und durch.

Naomi Scott und Mena Massoud = Perfekte Chemie

An Naomi Scotts Seite steht Mena Massoud („Jack Ryan“) als Straßenjunge Aladdin, der die Rolle des ungeschliffenen Diamanten ebenfalls perfekt ausfüllt. Voll Charme und Spielfreude schwingt er sich durch den Film und entwickelt sich vom Straßenjungen zum vermitlich steinreichen Prinz Ali. Diese Wandlung bekommt Massoud äußerst glaubwürdig hin. Mit einem unsicheren und verschämten Lächeln sitzt er auf der Elefantenversion seines Äffchens Abu – und würde in der opulenten Musicalszene „Prinz Ali“ sichtlich im Erdboden versinken. Solche Momente verleihen dem Charakter Aladdin dank Massoud deutlich mehr Dimension und Tiefe als man es aus der Zeichentrickversion kannte.

Zusammen haben Massoud und Scott eine zauberhafte Chemie, die den Film mühelos tragen und für wahrlich magische Momente sorgen. Egal ob in Actionszenen, in der sehr ästhetischen Tanzszene auf dem orientalischen Ball oder auf dem fliegenden Teppich: Man mag gar nicht wegschauen, so wunderbar ist das Zusammenspiel der beiden Newcomer, von denen man durch die Disney Realverfilmung von ALADDIN sicherlich noch oft hören wird.

Kosmische Kräfte und winzig kleiner Lebensraum

Will Smith verstärkt die beiden Hauptdarsteller als äußerst witziger und sympathischer Flaschengeist Dschinni. Zugegeben: Er hat es nicht leicht, tritt er schließlich in die großen Fußstapfen des „King of Comedy“ Robin Williams. Aber Will Smiths Version von Aladdins Sidekick ist positiv eigen. Er verneigt sich vor Williams Vorlage, bringt aber seine eigene Persönlichkeit ein – quasi ein Fresh Prince von Agrabah. Dadurch hat ALADDIN einen riesigen Nostalgiebonus, wodurch die Herzen aller höherschlagen werden, die mit „Prinz von Bel-Air“ und „Men in Black“ aufgewachsen sind. Man hat Smith dank zahlreicher witziger Momente wirklich schon lange nicht mehr so gut in Form gesehen wie als Dschinni.

Agrabah erfindet sich neu – und damit auch den Bösewicht Dschafar, der in der Disney Welt eine absolute Ikone ist. Bei ihm merkt man die Änderungen am radikalsten: Marwan Kenzari („Mord im Orient-Express“) ist nicht mehr der altehrwürdige Großwesir. Dschafar ist in der Realverfilmung ein verhältnismäßig junger Mann, der ähnlich wie Aladdin aus armen Verhältnissen kommt und sich durch durchtriebene Spiele und Machtstreben in den Palast gekämpft hat. Er ist ein wahrer Underdog, weswegen sein Dschafar viel bodenständiger und normaler wirkt. Das ist zwar zeitgemäßer, nimmt aber dem Charakter leider ein wenig von seiner ursprünglichen Größe und Boshaftigkeit.

ALADDINS frischer und moderner Agrabah-Sound

Bei einem waschechten Filmmusical wie ALADDIN ist die Musik natürlich König. Es ist extrem erfreulich, dass Disney Soundtrack-Gott Alan Menken höchstpersönlich auch für die Klänge der Realverfilmung verantwortlich ist. Alle bekannten Hits wie „Friend Like Me“ oder auch „A Whole New World“ wurden komplett aufgefrischt und neu orchestriert. Die Percussions und Arrangements in seinem Score klingen moderner, abenteuerlicher, aber auch gleichzeitig viel satter und orientalischer. ALADDIN hat wahrhaftig nie besser geklungen!

Für Prinzessin Jasmin gab es extra für die Realverfilmung einen komplett neuen Song (Stichwort: Oscars!). „Speechless“ oder zu Deutsch „Ich werd niemals schweigen“ ist eine kräftige und dramatische neue Hymne, die voll und ganz auf Frauenpower und Selbstbestimmung geht und für Gänsehaut sorgt.
Und ein Blockbuster mit Will Smith ist kein Blockbuster mit Will Smith, wenn es nicht den obligatorischen Abspann-Song von ihm gibt. Aber auch in ALADDIN? Aber sicher, denn mit keinem geringeren als dem US-Hip-Hop-Produzenten DJ Khaled gibt Will Smith nochmals zum Schluss seine ganz eigene, smoothe Jam-Version von „Friend Like Me“ zum Besten.

Stellt sich nur eine große Frage: ALADDIN auf Deutsch anschauen oder lieber im englischen Original genießen? Die deutsche Synchronisation ist durchaus solide: Arne Stephan als Aladdin, der deutsche Disney Stimmveteran Manuel Straube als Dschinni (u. a. deutsche Gesangsstimme von Flynn Rider in „Rapunzel – Neu verföhnt“) und Julia Scheeser als Jasmin (deutsche Gesangsstimme von Belle in der Realverfilmung von „Die Schöne und das Biest“) machen gesanglich einen guten Job. Dennoch kommt die deutsche Fassung von ALADDIN nicht an die englische Originalfassung heran. Das liegt besonders an der Übersetzung der Dialoge, die an manchen Stellen etwas aufgesetzt wirkt. Wenn ihr also auch Will Smith im Original singen und rappen hören möchtet, solltet ihr euch für die englische Version entscheiden.

Fazit

Falls ihr je gezweifelt haben solltet, könnt ihr aufatmen: ALADDIN ist ein großer knallbunter Spaß, der wirklich exzellent unterhalten kann. Dabei verneigt sich Disneys neueste Realverfilmung vor dem Animationsfilm von 1992. Und dennoch hat der Film durch viele neue Ideen sein völlig eigenes und berechtigtes Standing. Trotz einiger holprigen Stellen im Drehbuch und in der Regie kann ALADDIN dank einer exzellenten Besetzung, der tollen Ausstattung und zauberhaften Musik richtig punkten. Ab nach Agrabah – für einen magischen Kinobesuch!

Frage an euch: Habt ihr ALADDIN schon gesehen oder habt ihr es noch vor? Wie gefällt euch Disneys neueste Realverfilmung? Ich bin auf eure Kommentare gespannt!

Bilder: Disney

16 Gedanken zu „Kritik: Disneys ALADDIN – Eine zauberhafte Realverfilmung

  1. Ich komme gerade aus dem Kino zurück und bin leider sehr enttäuscht. Mir haben Abu und der Teppich gefallen aber das war es leider auch schon. Die Besetzung von Aladdin und Jasmin ist gut, gar keine Frage, aber bei mir kam über den gesamten Film keine Agrabah Magie auf. Zu Bollywood kitschig, Dschafar war mir nicht böse und zugleich arrogant genug, Will Smith überzeugt mich auch nicht, was aber auch daran liegen kann, dass ich ihn aufgrund seiner Scientology Zugehörigkeit sehr sehr skeptisch sehe.

    1. Super schade, dass er Dir nicht ganz so gut gefallen hat. Zeigt ja einfach nur, dass jeder seinen ganz eigenen Geschmack hat. Will Smith ist BTW kein Mitglied der Organisation (mehr).

      1. Das freut mich zu hören ,mein letzter Sachstand war das er weiterhin dazu gehört. Deswegen mag ich Tom Cruise Filme auch nicht wirklich 😅
        Aber auch unabhängig von Will Smith kam leider keine Agrabah Magie auf 😔
        Und Aladdin gehört zu meinen Lieblingsdisneyfilmen…

      2. Wie gesagt: Ist ja alles Geschmackssache, mir hat der Film sehr viel Spaß gemacht :) Vielleicht ist ja der nächste Disney Film eher etwas für dich :)

  2. In König der Löwen brauche ich zwei Sitze, einen für mich und den anderen für meine Taschentücher 😅

  3. Ich komme gerade aus dem Kino und bin total positiv überrascht worden. Der Film hat alle Zuschauer im Saal verzaubert und für einige Lacher gesorgt. Hier und da fand meine Freundin ein paar Szenen etwas kitschig, aber sie war als Nicht-Disney Fan trotzdem total begeistert.
    Die Musik war einfach atemberaubend und teilweise positiv „ansteckend“. Auf dem Rückweg haben wir noch einige der Lieder gesungen. :)

  4. Tolle Rezension! Habe den Film gestern gesehen und war ebenfalls total begeistert! Ich war sehr skeptisch, vor allem wegen Will Smith. Heute denke ich, es hätte keiner besser spielen können als er! Auch Deine Meinung zu Dschafar teile ich 1:1. Der neue Song „Speechless“ war für mich das Sahnehäubchen auf einem gelungenen Kinospaß! Vg Daniel

  5. Eine wirklich tolle Filmkritik. Mir hat der Film wirklich durchweg gefallen. Okay, es gab ein paar Szenen, da hätte ich mir auch gewünscht, dass sie sich mehr Zeit dafür genommen hätten, gerade am Ende. Und auch Dschafar konnte mich nicht 100% überzeugen, dennoch war ich am Ende mit der Leistung von Marwan Kenzari sehr zufrieden :-) Ich bin absolut begeistert! Ich werde mir den Film sicherlich noch ein zweites Mal im Kino anschauen :-)

    Liebste Grüße
    Ivy

  6. Hallo Bianca!
    Ich habe mit dem Lesen deines Posts extra gewartet, bis ich auch endlich im Kino war. Wie viele andere Fans haben mich die Trailer nicht wirklich überzeugt und ich war besorgt, dass Disney bei seinen Realverfilmungen jetzt eher auf Quantität als auf Qualität setzt. Aber ich war total positiv überrascht! Die Besetzung hat mir unglaublich gut gefallen, die Songs, Tänze und Kostüme waren wunderschön. Mein einziger Kritikpunkt wäre auch das Ende- hier hätte ich mir nochmal etwas mehr Action gewünscht. Aber trotzdem bin ich absolut begeistert und würde ihn mir am liebsten gleich nochmal ansehen.
    Danke für die schöne Rezension!

  7. Sehr schöne Kritik! Toll geschrieben! Kann es so unterschreiben. Ich würde auch die englische Fassung bevorzugen, da die deutschen Liedtexten teilweise nicht ideal zum Backing passen. Teilweise hätte ich mir ein wenig mehr von der Zeichentrickvorlage gewünscht und finde es schade, dass man in dieser Fassung sehr oft vom Original abgewichen ist, wo es eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre (z.B. Entkommen aus der Wunderhöhle oder auch der Grund, warum Dschafar letztendlich Dschinni wird). Am meisten hat mich gestört, dass der wichtigste Satz des Films „vertraust du mir?“ tatsächlich nur einmal fällt und nicht wiederholt wird.
    Aber alles in allem ist es eine der gelungensten Disney Realverfilmungen und insbesondere die phänomenale Cast machen diesen Film mehr als sehenswert. Es ist unglaublich schwierig einen perfekten Aladdin zu finden, der sowohl charming ist, als auch ein „geborenes Schlitzohr“ – und diesen haben sie in Mena Massoud gefunden, der darüber hinaus auch noch ein exzellenter Tänzer ist.
    Will Smith hat seinen eigenen Dschinni kreiert, der witzig ist und eine tolle neue Storyline bekommen hat.

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